IWm – Wärmemarktplatz

Entwicklung eines Wärmemarktplatzes

Die Entwicklung eines digitalen Wärmemarktplatzes, auf dem verschiedene Erzeuger ihre Wärme anbieten können, bildet einen von drei Schwerpunkten des Teilvorhabens IWM. Der Wärmeversorger kann dann aus den vorhandenen Geboten die kostengünstigste Option zur Deckung des Wärmebedarfs der Kunden zusammenstellen. Dabei sollen neben dem Wärmebedarf auch andere Randbedingungen, wie zum Beispiel ökologische Grenzwerte für den Fernwärmemix am Markt berücksichtigt werden können. Anders als im Strom- und Gassektor existieren solche Marktplätze in deutschen Wärmenetzen bisher nicht, da die Mehrheit der Wärmenetze heute monopolistisch geprägt ist. Das heißt, dass die Erzeugung, die Verteilung und der Vertrieb der Wärme in der Hand eines einzelnen Unternehmens (vertikal integriertes Unternehmen) liegen, das seine Anlagen durch eine feste Einsatzreihenfolge oder im besten Fall mittel Optimierungswerkzeugen koordiniert. Marktmechanismen werden dabei kaum eingesetzt.

Durch diese monopolistischen Strukturen sind Fernwärmekunden in der Regel an einen Versorger gebunden und haben keine Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Anbietern. Dadurch haben sie kaum Einflussmöglichkeiten auf die ökologischen und ökonomischen Eigenschaften ihrer Wärmeversorgung. Gleichzeitig erschweren die mehrheitlich auf fossiler Wärmerzeugung beruhenden, herkömmlichen Geschäftsmodelle die Einführung von innovativen Konzepten für einen effizienten und erneuerbaren Betrieb von Wärmenetzen. Die Öffnung von Wärmenetzen für externe Anbieter und Wärmeerzeuger ist eine Möglichkeit, durch neue Geschäftsmodelle (z.B. für die Anbindung von industrieller Abwärme) die Fernwärmeversorgung zu dekarbonisieren und durch einen erhöhten Wettbewerb kosteneffizient und transparent zu gestalten.

Der zu entwickelnde Marktplatz soll die Koordination von verschiedenen, auch externen, Marktteilnehmern ermöglichen und eine möglichst kosteneffiziente Wärmeversorgung unter der Einhaltung von vorgegebenen technischen und ökologischen Rahmenbedingungen gewährleisten.

Der Wärmemarktplatz baut dabei auf dem Prinzip der kaskadierten Märkte auf.

Kaskadierte Märkte

Das Prinzip der kaskadierten Märkte wird bereits im Strommarkt angewandt und kommt auch bei der Versorgung des Wärmenetzes in Kopenhagen zum Einsatz. Dabei werden am Day-ahead Markt Energielieferungen für den kommenden Tag ausgehandelt, die dann bei Prognoseabweichungen durch den kurzfristigen Handel am Intraday Markt ausgeglichen werden. Ein ähnliches Konzept wird in IWM auch für den Wärmemarkt entwickelt. Zusätzlich werden die beiden kurzfristigen Day-ahead und Intraday Märkte durch einen langfristigen Kapazitätsmarkt ergänzt.

© HAW Hamburg, Peter Lorenzen

Kapazitätsmarkt

Zweck des Kapazitätsmarktes ist das Verhindern von Spekulationen sowie der Ausnutzung von Marktmacht einiger Wettbewerber. Zum anderen sollen Sicherheiten bzw. Anreize für investitionsintensive Anlagen erhalten bleiben. Dies ist wichtig, da viele erneuerbare Anlagentypen, wie z.B. Geothermie, Solarthermie oder industrielle Abwärme einen hohen Anteil Kapitalkosten und nur einen geringen Anteil operativer Kosten haben. Ohne einen Kapazitätsmarkt könnten diese Anlagen nicht gut gegen z.B. fossile Erzeuger wie Gaskessel in einem Kurzfristmarkt bestehen. Der Kapazitätsmarkt soll die Planung von langfristigen Investitionen und Aktionen, wie Anlagenneubau, Netzausbau und Ladezyklen von Saisonalspeichern ermöglichen.

Day-ahead Markt

Am Day-ahead Markt werden die Wärmemengen für den nächsten Tag basierend auf entsprechenden Prognosen für den Wärmebedarf und die -erzeugung gehandelt. Dabei findet hier auch eine Kopplung mit dem Strommarkt statt (z.B. für Power-to-Heat Anlagen, KWK Anlagen, etc.). Auch die Nutzung von Kurzfristspeichern wird hierbei berücksichtigt. Für eine möglichst kostengünstige Versorgung ist eine hohe Prognosegenauigkeit notwendig, die einen teuren Ausgleich von Abweichungen am Intraday Markt minimieren kann.

Intraday Markt

Zweck des Intraday Marktes ist die Kompensation von Anlagenausfällen sowie von Wärmeprognoseabweichungen. Zusätzlich ermöglicht der Markt eine Reaktion auf den Intraday Strommarkt und verbessert so die Sektorkopplung von Wärmepumpen, KWK- und Power2Heat-Anlagen. Am Intraday Markt werden die Differenzen zum Handelsergebnis aus dem Day-ahead Markt gehandelt, wenn Erzeugung und/oder Wärmebedarf von der prognostizierten Menge abweichen.

Prinzip des Smart Markets

Der Day-ahead und der Intraday Markt werden im Projekt als sogenannte Smart Markets umgesetzt. Das bedeutet, das die Physik und Hydraulik des Wärmenetzes in der Preisfindung berücksichtigt wird. So sollen zum Beispiel die notwendigen Temperaturen, Druck- und Wärmeverluste sowie die Deckung des Wärmebedarfs in die Festlegung des Wärmepreises einfließen.